Zukunftsmusik oder Realität? Projektmanagement in SAP KI-gestützt optimieren

Porträtfoto Dirk Ott zum Beitrag KI-gestützte Lösungen und SAP-Projektmanagement

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde, unermüdlich wird geforscht und entwickelt und in rasantem Tempo hält KI Einzug in den Unternehmensalltag. Als eine der ersten SAP-Beratungshäuser plant Milliarum, bereits in diesem Jahr KI-basierte Anwendungen unter anderen im Bereich SAP-Projektmanagement zur Verfügung zu stellen. Unser Geschäftsführer Dirk Ott gibt im Gespräch Einblicke in die Potenziale von Künstlicher Intelligenz in der Entwicklung von SAP-Addons und Beratungsleistungen.

 

Wie und in welchen Bereichen lässt sich Künstliche Intelligenz bereits heute in SAP-Addons sowie in der Beratung einsetzen?

Dirk Ott: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der SAP-Beratung an sich ist nichts Neues. So kennen wir alle den SAP CoPilot, der mit Sprachbedienung schon SAP-Funktionen aufrufen konnte. Der ist inzwischen eingestellt worden und wird durch neue cloudbasierte Chatbots von SAP ersetzt werden, die gerade in der Entwicklung sind. Im Gegensatz dazu konzentrieren wir uns bei Milliarum darauf, für On-premise-Anwendungen Chatbots zur Verfügung zu stellen. Wir arbeiten mit sensiblen unternehmensspezifischen Daten. Vorteil von On-premise ist gerade hinsichtlich datenschutzrechtlicher Bedenken, dass es sich um eine firmeninterne Lösung handelt, die auf unternehmenseigenen Servern installiert ist und von dort auch verwaltet werden kann. Unsere Anwender haben so die volle Kontrolle über ihre Daten.

 

Und wie könnte der Einsatz von KI in Zukunft aussehen?

Dirk Ott: Unsere Vision ist, dass jeder SAP-Experte in seinem Kernbereich sein kann. Dabei wird sich die Expertise aber nicht nur auf etwa Controlling oder SAP-Projektmanagement beschränken. Mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz wird es auch möglich sein, sich in kürzester Zeit detailliertes Knowhow in anderen Bereichen der SAP-Anwendung oder mit ganz anderen Tools anzueignen. Die Entwicklung wird in die Richtung gehen, dass Expertinnen und Experten für den jeweiligen Bereich auch komplexe Anforderungen an Systeme definieren können. Die Künstliche Intelligenz revolutioniert die als komplex geltende SAP-Bedienung: Sie wird deutlich vereinfacht. Jeder wird programmieren und komplexe Systeme bedienen können. Dabei reduziert sich der Schulungsaufwand signifikant. Voraussetzung ist es dabei lediglich, die relevanten Begriffe zu kennen, um zielgerichtete Prompts, Eingaben, in natürlicher Sprache formulieren zu können. Letztlich steigert das die Produktivität und Zufriedenheit enorm.

 

Wie nutzt Milliarum KI und was sind Visionen und nächste Meilensteine?

Dirk Ott: Unser Fokus liegt darauf, KI-basierte Lösungen zur Steigerung der Produktivität unserer Anwender anzubieten. Da befinden wir uns aktuell in umfangreichen Forschungsarbeiten und haben eine grobe Roadmap erstellt. Wir fokussieren uns auf die SAP-Bereiche, in denen wir inhaltlich zu Hause sind, also SAP-PS, SAP-PPM, Ressourcenmanagement und in der Entwicklung moderner Fiori-Apps mit UI5-Oberflächen. Dabei haben wir festgestellt, wo KI unseren Anwendern Optimierungspotenzial bietet. Das ist in erster Linie die vereinfachte Bedienung des SAP-Systems. Wir werden in diesen Kernbereichen SAP-basierte Chatbots zur Verfügung stellen, die bestimmte Funktionen mit natürlicher Sprache bedienen können.

 

Wie kann man sich das konkret im Anwendungsfall vorstellen?

Dirk Ott: Betrachten wir etwa den PPM-Chatbot, so wird er es ermöglichen, komplexe Portfolioelemente für Projektideen oder Projektanträge ganz intuitiv anzulegen. Diese Anträge werden normalerweise in einer Web-Oberfläche mit zahlreichen Feldern erstellt. Mit unserem Chatbot wird es zukünftig möglich sein, dem System über eine Sprachbedienung zu sagen: Bitte lege mir ein Portfolioelement für eine Projektidee an mit einer bestimmten Beschreibung und definierten Terminen. Das Spannende ist dann, dass die KI in der Lage sein wird, gezielt Rückfragen zu stellen. Wer SAP kennt, weiß, dass mit ein paar oberflächlichen Informationen kein komplexes Objekt angelegt werden kann. Die KI ist dann tatsächlich in der Lage, nachzufragen, was fehlt und das Ganze zur Reife zu führen.

 

Was sind die Vorteile beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz in SAP-Anwendungen?

Dirk Ott: Insbesondere für Personen, die nicht regelmäßig in SAP arbeiten, stellt KI eine enorme Arbeitserleichterung dar. Man kann auch Rückfragen zur besseren Bedienbarkeit stellen: Welche Funktionen habe ich denn überhaupt zur Verfügung? Dann listet die KI die entsprechenden Transaktionen und Services auf. Oder: Zeige mir die zehn Projekte oder Portfolio-Elemente, welche die höchsten IST-Kosten haben oder den höchsten Deckungsbeitrag. Auch im SAP-Projektsystem wird es KI-Anwendungen geben, etwa Kosten- oder Terminauswertungen sowie ebenfalls Bearbeitungsfunktionen. Und auch für unsere Ressourcenmanagement-Lösungen planen wir einen Chatbot. Dabei könnte dann beispielsweise der Abteilungsleitung die Mitarbeiter mit dem höchsten Arbeitsaufkommen abfragen oder ermitteln lassen, wie die eigene Abteilung in den nächsten zwölf Monaten ausgelastet sein wird. Dabei wird die KI dann nicht nur textliche Informationen ausspielen, sondern auch übersichtliche Grafiken erstellen. Bei der Entwicklung von Fiori-Apps können KI-gestützte Tools Entwickler unterstützen, indem sie ABAP-Codes generieren und so die Entwicklung beschleunigen.

 

Ist das alles Zukunftsmusik? Ab wann können Anwender solche Tools voraussichtlich tatsächlich nutzen?

Dirk Ott: Voraussetzung ist zunächst, dass die technische Infrastruktur in SAP steht. Noch im zweiten Quartal 2024 planen wir den ersten SAP-Chatbot in On-premise-Lösungen. Darüber hinaus sieht unsere Roadmap vor, dass im dritten Quartal die PPM- und PS-Chatbots realisiert werden sollen. Sie sollen im Hintergrund über eine OpenAI-Schnittstelle an unsere Lösungen angeschlossen werden. So wird es möglich sein, die Tools über ChatGPT oder eine API-Schnittstelle zu bedienen. Allerdings ist das noch vor allem cloudbasiert. Deswegen arbeiten wir parallel an lokalen Modellen, die im Firmennetz genutzt werden können. Auch firmeneigene KI-Modelle werden wir zukünftig in unsere Infrastruktur einbinden können. Dabei werden wir ganz grundsätzlich alle Lösungen abbilden, die sich am Markt durchsetzen. Im vierten Quartal folgt dann das Ressourcenmanagement. Ziel ist, die Einstiegshürde in SAP zu senken und eine schnellere und produktivere Art der Nutzung zu ermöglichen.

 

Welche Bedenken, Herausforderungen und Grenzen gibt es?

Dirk Ott: Die Bedenken betreffen in erster Linie den bereits angesprochenen Datenschutz. Ein anderes Problem sind aktuell noch die sogenannten Halluzinationen, also frei erfundene Aussagen der Chatbots. Sie können zu kritischen Folgeproblemen führen und es gilt, sie zu vermeiden. Das verfolgen wir, indem wir mit unseren Chatbots ausschließlich auf Daten aus dem firmeninternen SAP-System über API-Schnittstellen zugreifen. Eine weitere Herausforderung ist die Hardware: Leistungsfähige Künstliche Intelligenz benötigt riesige Serverfarmen, die aktuell überall wie Pilze aus dem Boden sprießen. Lokale Modelle benötigen sehr leistungsfähige Hardware. Das Training ist noch extrem aufwändig, ressourcenintensiv und teuer. Milliarum achtet darauf, dass bei der Anbindung von lokalen Modellen die Hardware-Anforderungen möglichst gering ausfallen. An einer Reduktion des Ressourcenhungers der KI wird unterdessen noch viel geforscht und wir dürfen gespannt sein auf die weiteren Entwicklungen.

 

Vielen Dank für das spannende Gespräch!

Veröffentlicht am: 4. April 2024Kategorien: Allgemein

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